Sunniten und Schiiten
Den einen Islam gebe es nicht, behaupten viele Menschen. Recht haben sie. Doch haben sie Unrecht, wenn sie behaupten, dass das Spannungsverhältnis zwischen Sunniten und Schiiten Schuld daran sei, dass der Nahosten in den letzten Jahrzehnten ständig unter Gewalt leide. Diese Behauptungen werden sooft unreflektiert wiedergegeben, dass selbst ich phasenweise diesen Behauptungen Glauben schenkte.
Das Spannungsverhältnis zwischen Sunniten und Schiiten basierte auf politischer Natur, die nach dem Ableben des Propheten Mohammed stattfand. Nach dem Tod des Propheten stellte sich die Frage nach der Führung. Hierin waren die Muslime unterschiedlicher Meinung. Die einen sagten, dass man durch eine Wahl den neuen Kalifen (sinngemäß das Staatsoberhaupft, eigene Anmerkung) bestimmen solle, andere sagten, dass nur Verwandte des Propheten Mohammed als rechtmäßige Nachfolger das Amt des Kalifen übernehmen dürften, wiederum sagten andere, dass nur jemand aus dem einflussreichem Stamm der Quraisch, dem auch der Prophet angehörte, das Kalifat übernehmen dürfte. Es gab noch weitere Meinungen hierzu.
Letztlich entschloss man sich dazu den Kalifen durch ein Wahlgremium zu wählen. Im Folge der Zeit wurde dem dritten Kalifen Uthman ibn Affan vorgeworfen Vetternwirtschaft zu betreiben, der dem Stamm der Ummayyaden angehörte. Uthman wurde von seinen Widersachern ermordet.
Daraufhin wurde Ali ibn Abi Talib, Cousin des Propheten Mohammed, von einem Teil der Muslime, nicht von allen(!), zum vierten Kalifen ernannt. Unter ihnen wurden einige am Mord des dritten Kalifen verdächtigt. Alis passive Haltung gegenüber den Mördern Uthmans wurde scharf kritisiert und es folgte der erste innermuslimische Bürgerkrieg, der über die Frage der Legitimation des Kalifen handelte. Die Folge des Brügerkrieges war die Ermordung des vierten Kalifen, sowie der Zerfall des Kalifats des vierten Kalifen und die Entstehung einer Erbmonarchie der Ummayyaden.
Die Anhänger Alis, welche Ali bis zum Ende zur Seite standen, nennt man Shia. Daraus leitet sich das Wort Schiiten ab. Im Laufe der Zeit sahen sich die Anhänger Alis von den Ummayaden benachteiligt, sodass hier sich eine neue Gruppenidentität gebildet hat. Theologische Differenzen haben sich auch entwickelt, doch diese sind so marginal, dass sie nicht nennenswert sind.
Sunniten als das Gegenstück zu Schiiten zu sehen ist falsch.
Auch wenn die Medien immer wieder behaupten, der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten sei maßgeblich für die heutigen Umstände im nahen Osten, stimmt es nicht. Der Konflikt der Sunniten und Schiiten war für die Muslime der frühen Generationen von Bedeutung. Heute wissen selbst viele Muslime nicht, weswegen Sunniten und Schiiten angeblich ein großes Problem miteinander hätten. Die überwältigende Mehrheit der Muslime, sowohl Sunnit als auch Schiit, haben keinerlei Probleme miteinander. Zumindest hier in Deutschland nicht.
Für die, die sich mehr dafür interessieren:
islam.de / Artikel - Der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten – Nachdenken über einen innerislamischen Dialog / Der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten – Nachdenken über einen innerislamischen Dialog